Zum ersten Mal in der Geschichte des Schlimbach-Preises gewann diese nach wie vor höchste Auszeichnung im deutschen Hochseesegelsport eine Yacht des Lübecker Yacht-Clubs. Die „HIC" mit Skipper und Eigner Detlef Martens (36) aus Hamburg wurde mit dem Kronenkompass für eine vierjährige Weltumseglung ausgezeichnet, bei der sie insgesamt 47 868 Seemeilen zurücklegte, was ungefähr 70 000 Kilometern entspricht. Detlef Martens hatte auf diesem Törn zwei Jahre den Kieler Ozeanographie-Studenten Johannes Diemer (23) als Mitsegler an Bord. Diemer stieg auf den Fiji-Inseln aus. Den letzten Teil der Weltumseglung (Beginn in Kapstadt) von Australien nach Kapstadt und zurück nach Travemünde segelte Detlef Martens dann allein. Konsul Wulf Rauno, Vorsitzender des Kieler Yacht-Clubs, überreichte den Schlimbach-Preis gestern Abend in Kiel unter dem starken Beifall der 200 Anwesenden an den glücklichen Gewinner. Der Ludwig-Schlimbach-Erinnerungspreis, ein wunderschöner Kronenkompass, wird seit 1953 für die beste Leistung im deutschen Hochseesegelsport verliehen. Kapitän Schlimbach hatte den Kronenkompass 1937 von der Stadt Kiel für seine Atlantiküberquerung in Alleinfahrt in Ost-West-Richtung erhalten und ihn nach seinem Tode testamentarisch dem Kieler Yacht-Club überlassen mit der Maßgabe, ihn als ständigen Wanderpreis im Hochseesegelsport auszusetzen.


Unter den bisher 31 Preisträgern des Kronenkompasses sind schon viele hervorragende Leistungen gewesen.
Es gab Seetörns ins nördliche Eismeer und in die Antarktis in die Südsee und rund um Kap Hoorn. Es gab auch schon Gewinner, die nur für einen Teil ihrer Weltumseglung diesen Preis erhielten aber eine komplette Weltumseglung wurde bis her noch nicht ausgezeichnet, und schon gar nicht eine so lange Strecke von 11 058 Seemeilen in Alleinfahrt.

Das ist der begehrte Kronen Kompass von Kapitän Ludwig Schlimbach aus dem Jahre 1937.

Insgesamt vier Bewerbungen lagen in diesem Jahr dem Vergabe-Ausschuss vor:
1. Günter Gassner (YC Westfalia Arnsberg) mit einer Reise nach Spitzbergen,
2. Ernst Garbe (SVC Cuxhaven), der ins Nordmeer nach Jan Mayen segelte;
3 die Segelkameradschaft Ostsee, die mit der „Anita", einem zur YawI umgeriggten 12er, zu den Lofoten und über die Shetlands zurück nach Travemünde segelte,
4. Detlef Martens mit der HIC".
Die „Anita" erhält für ihre Leistung den Schlimbach - Erinnerungsbecher.

Dass solch eine hervorragende Leistung wie sie Detlef Martens und der., Kieler Johannes Diemer (er war immerhin 21 000 Seemeilen an Bord) vollbracht haben, prämiert wurde, ist der Überarbeitung der Vergaberichtlinien für den. Schlimbach-Preis zu. verdanken, an der Dr. Reinhard Laucht, Vorsitzender des. Vergabeausschusses, wesentlichen Anteil hatte.
Hieß es früher „..für die beste Leistung im zurückliegenden Jahr", so können heute auch längere Reisen ausgezeichnet werden, wenn sie nur im. zurückliegenden Jahr beendet wurden.

Die Yacht „HIC": ist eine, GFK Sloop, die in Kapstadt gebaut wurde. 13,10m lang, 4,00 m breit, 2,10 m Tiefgang, Segelfläche 115 qm.
Der Schiffstyp ist eine vergrößerte Petersen. 33 mit‘ Mittelcockpit. 1979 wurde sie fertig gestellt und getauft.
Der Name „HIC" resultiert aus den ‚Anfangsbuchstaben der Familienmitglieder.

Am 24.Januar 1980 begann die Reise von Kapstadt nach Recife-durch die Karibik, die sehr eingehend besegelt wurde— durch den Panamakanal- über die Cocos-Inse1n und die Marquesas (franz. Polynesien) — nach Bora Bora in der Südsee —. eingehender Aufenthalt in der Südsee — Tuamotus-Atolle, in deren Süden Mururoa liegt — Gainbier-Inseln — Cook-Inseln — Tonga und Fiji-Insein (Ende 19a1) —‘ 1982 weiter in ‚diesem Seegebiet mit Vater und Freundin .— 1983 über Neu-Caledonien nach Brisbane (Australien) — weiter nach Darwin (Australien) ab Darwin allein nach Kapstadt und zurück nach Travemünde.
Detlef Martens war für diese seglerische und seemännische Leistung prädestiniert, aber auch vorbereitet wie kaum jemand zuvor. ‘Von seinem dritten Lebensjahr an lebte er auf einem Segelboot, denn auch sein Vater ist leidenschaftlicher Segler. 1971 schon segelte er auf der „Hamburg 1 VII", die ebenfalls mit dem Schlimbach-Preis ausgezeichnet wurde als stellvertretender Kapitän von Rio in die Karibik mit. 1973 segelte er mit der„HIC III" Kapstadt —Rio eine der. schwersten Regatten der Welt.

Die Yacht „HIC" war in. punkto Sicherheitsausrüstung (Zwei Rettungsinseln, Schlauchboot, später unsinkbares Dingi ) vorbildlich bestückt. 1 Es gab nicht nur Not-Container mit Lebensmitteln, es gab Solardestillationsanlage- Ersatzbatterien für Hand-UKW, elektronische Warnanlage beim Einhandsegeln, wenn sich ein Schiff nähert usw. Für Reparaturen hatte Deflef Martens eine komplette Werkstatt an Bord. Ob elektronische Reparaturen, Segel nähen oder Kunststoff laminieren: Er konnte es brauchen unterwegs, denn die Natur sorgt immer wieder für Überraschungen.

Unter anderem hat Detlef Martens auf dieser Weltreise einige Hurrikans erlebt. Einen sogar mitten auf dem Indischen Ozean auf dem Wege nach Kapstadt. Es war einer der wenigen Punktes die ihm die Schlimbach-Jury vorwarf, dass er in Brisbane (Australien)‘ zu lange geblieben ist, weil er wissen musste, dass er in die Hurrikan-Saison kommt. So bekam Martens auf dem Wege nach Darwin genau am Heiligend Abend 1983noch eine „schönte Bescherung" mit Hurrikane Sharon auf den Kopf, aber die HIC hielt auch das durch.

Bereits auf den Fiji Inseln erlebte die Hic in der Bay of Islands einen Hurrikan, der sich unvermittelt entwickelte: Zum Glück kam „HIC" noch ohne große Beschädigungen frei von der Pier. Nur die Scheuerleiste war zur Hälfte abgerissen. Bei Reunion kam die „HIC" mit dem Hurrikan „Caboto" in Berührung.
Umsichtig wurde auch diese Begegnung gemeistert. Schlimmer hätte da schon die Begegnung mit Walen auf der Überfahrt von Australien nach Kapstadt werden kennen, die Martens ja einhand segelte. Südlich von Bali fuhr er auf einen Wal. Martens erinnerte sich, dass das Ganze eine ziemlich blutige Angelegenheit war. Plötzlich rammte ihn kurz darauf ein zweiter .Wal von der Seite. Die „HIC" schaukelte ganz schön. Detlef Martens startete schnell den Motor und gab Vollgas. Glücklicherweise ließ der Wal von dem Schiff ab. In diesem Augenblick höchster Gefahr waren die schönen Stunden in den Südsee-Atollen vergessen, wo Martens und Diemer auf dem Atoll Fakahina mit Blumenketten begrüßt wurden, denn hier kommt kaum je ein Schiff vorbei. Auch Raroia, das Atoll, auf dem seinerzeit die „Kontiki" strandete, haben beide besucht.

Ein besonderes Erlebnis war für die beiden Weltumsegler auch die Begegnung mit dem französischen Sperrgebiet um Mururoa, wo Frankreich nach Einschätzung von Diemer jeden Monat einen Atombombenversuch unternimmt. Als die „HIC" am 30. Oktober 1980 auf das Atoll Fakahina trifft, wussten Martens und Diemer noch nicht, dass es das erste Mal war, dass eine Yacht hier vorbeikam. Damit begannen einige aufregende Erlebnisse.

Auf Fakahina kamen eines Tages zwei freundliche Gendarmen zu den beiden. Sie machten ihnen klar, dass sie ins militärische Sperrgebiet geraten waren. Die Gendarmen besorgen ihnen die Genehmigung, in der Militärbasis Hao ihren Proviant zu ergänzend Dann sollten sie sich in Papete eine Genehmigung für das Segeln in diesem Gebiet holen. Sie bekommen auch eine Genehmigung für das Gebiet, aber schon am nächsten Tag kreisen Hubschrauber über ihnen, und am vierten Tag werden sie vom Hafenkommandanten aus Papete ausgewiesen. Die Sicherheitspolizei lädt sie für den kommenden Tag vor. Hier erlebten beide, wie schnell der Geheimdienst arbeitet. Die Polizei kannte alle Daten von ihnen aus Deutschland. Ein Freund erzählt ihnen beim Abschied, ein Geheimdienstler hätte sie wegen ihrer langen Antennen (für ihre Amateur-Funkanlage) für Spione gehalten.

Dabei standen Detlef Martens und Johannes Diemer während ihrer gesamten Weltumseglung nur mit dem Kieler Funkamateur Hans Herbert DF 8 LX in Kontakt. Die „HIC" hatte den Ruf-Code A 35 DN. Solch ein Funkkontakt allein auf hoher See tut gut. Man kann mit der Heimat sprechen. Der Kieler Amateurfunker und Martens Crew-Kamerad Johannes Diemer erwarteten dann auch die heimkehrende „HIC" in Brunsbüttel und fuhren die letzte Etappe bis nach Travemünde am 27, Mai 1984 mit. Detlef Martens gönnt sich etwas Ruhe, denn noch beim Einlaufen in die Elbmündung war ihm das Radargerät ausgefallen. Er verließ das Fahrwasser, ankerte und repariert sein Radar. Erst dann setzte er die Fahrt fort. In Travemünde gab es für den Weltumsegler einen überwältigenden Empfang. Eine großartige Reise mit großen seglerischen Leistungen, hohen Etmalen (bis zu 220 Seemeilen pro Tag) war zu Ende. Darwin — Kapstadt hatte Martens in 70 Tagen (7000 Seemeilen) geschafft. Alles das unter streicht die Entscheidung der Jury, die sich ohne Gegenstimme für Detlef Martens und die „HIC" entschied.

 

Aus der LN von Bruno Paulenz